Data Science: Was Daten über uns verraten
Serie: Data Science (1/3)
IBAW

Die Macht der Daten

Von Luzia Popp | 14.04.2021
Wo wir sind, hinterlassen wir Datenspuren. Für Unternehmen sind diese Daten wichtig, denn aus ihnen lassen sich wertvolle Informationen ableiten: Die Macht der Daten, Teil 1 der Serie über Data Science.

Montagmorgen, die Wecker-App klingelt. Snooze, snooze, aufstehen! Zum ersten Kaffee ein paar Minuten Social Media auf dem Smartphone: Was haben die anderen am Wochenende gemacht? In der S-Bahn ein kurzer Blick in die Gratiszeitung, die News checken – online natürlich. Im Hintergrund läuft der Ortungsdienst: So löst sich das ÖV-Ticket von allein und am Abend zeigt das Display an, wie viele Schritte tagsüber zurückgelegt wurden. So, auf dem Weg ins Büro noch rasch einen Kaffee to go und ein Gipfeli gekauft, bequem bezahlt mit der App.

Wer ein Smartphone nutzt, ist sich oft nicht bewusst: Wo wir sind, hinterlassen wir digitale Spuren. Und das überall, wo wir Onlinedienste nutzen: auf Websites, bei der Nutzung smarter Lautsprecher oder unterwegs mit dem Fitnesstracker. Ein Interesse an diesen Daten haben Firmen. Sie sammeln Daten über ihre Kunden und Kundinnen, ununterbrochen. Diese Daten geben wir beim Telefonieren frei, wenn wir den Ortungsdienst aktivieren oder im Supermarkt die Kundenkarte vorzeigen. Doch was machen Unternehmen mit diesen Unmengen von Daten?

Diese Frage stelle ich Prof. Dr. Barbara Hellriegel, sie ist Expertin auf diesem Gebiet: Am IBAW ist sie Dozentin im Nachdiplomkurs Data Science und begleitet Student*innen durch die Fallstudie. An der Universität Zürich unterrichtete sie viele Jahre mathematische Modellierung und Statistik. Für einen Wissenschaftsverlag arbeitete sie als Editorin für angewandte Mathematik und Informatik. Heute ist sie Mathematiklehrerin. Noch vor der ersten Frage stellt Barbara Hellriegel klar: «Daten haben keine Macht.»

Daten haben keine Macht?

«Ja, selbst wer Daten besitzt, ist nicht zwingend mächtig. Auch nicht, wenn es sich dabei um sehr viele Daten handelt», sagt Barbara Hellriegel. Daten haben also keine Macht, und es hat auch nicht unbedingt Macht, wer Daten besitzt. Doch wie oder wo entsteht sie denn, die sogenannte Macht der Daten? Und weshalb werden Daten gerne als «Rohstoff unserer modernen Informationsgesellschaft» bezeichnet?

«Die Macht entsteht erst bei der Nutzung der Daten. Und dazu benötigt man die Fähigkeit, etwas aus ihnen zu machen, sie richtig zu nutzen.» Das heisst: Bevor ein Nutzen aus Daten entsteht, müssen sie analysiert und ausgewertet werden.

Eines ist klar: Daten werden ständig erhoben, oft sinnlos, und sie werden häufig ebenso falsch ausgewertet wie unsorgfältig behandelt. Das bestätigt Barbara Hellriegel: «Viele Firmen nutzen ihre gesammelten Daten kaum.» Wissen denn die Firmen nicht, was sie mit den Daten tun? «Grosse Firmen wissen das eher als kleine», sagt Hellriegel. Das erstrebenswerte Ziel ist also nicht, möglichst viele Daten zu sammeln. Wichtiger ist es, die richtigen Daten zu sammeln, also solche, die relevant sind.

Daten, Daten, Daten

Privatpersonen hinterlassen Spuren – ebenso wie Unternehmen – und nähren somit grosse Datenmengen. Aus ihnen lassen sich Informationen ableiten, die Rückschlüsse auf unser Verhalten zulassen: Für welche Themen wir uns interessieren, bei welcher Bäckerei wir einkaufen, welche Zahlungsmittel wir nutzen.

Diese Daten verraten viel über uns. Wer online einen Flug sucht, erhält darauf oft wochenlang günstige Reiseangebote angezeigt. Dasselbe, wenn man im Internet bei einem Versandhändler nach Jogginghosen sucht. Kaum angeschaut, scheinen sie einen zu verfolgen: auf Websites, in Pop-Up-Fenstern – überall tauchen die Produkte auf.

Diese Werbeanzeigen werden angezeigt, wenn es wahrscheinlich ist, dass wir uns für sie interessieren. Und wenn unser Verhalten klar macht, dass wir Teil der festgelegten Zielgruppe sind. Bekannt ist, dass einzelne Firmen ihr Geld dank dieser Daten verdienen: Google und Facebook, dazu gehören auch Instagram und WhatsApp, sind die wohl bekanntesten und erfolgreichsten. Dank grossen Datenmengen gelingt es ihnen, Nutzer*innen personalisierte Werbung anzuzeigen. Die Daten sind ihre Einnahmequelle.

Eine grosse Chance

Doch auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Firmen, die nicht in der IT-Branche tätig sind, bieten Daten viele Chancen, bestätigt Barbara Hellriegel. Preisgestaltung ist nur eine davon: «Daten verraten auch viel über die Zahlungsbereitschaft von Kundinnen und Kunden.» Wer die Daten nutzt, kann bestehende Prozesse weiter optimieren und seine Kund*innen noch gezielter ansprechen. «Firmen sollten Interesse daran zeigen, gesammelte Daten fachgerecht zu analysieren, um aus ihnen zu lernen», ist Barbara Hellriegel überzeugt. Wenn ein Unternehmen seine Bestellungen und Kundeninteraktionen auswertet, lassen sich daraus auch Prognosen erstellen, zum Beispiel im Hinblick auf Produktion und Logistik oder die Entwicklung des Produkt- und Leistungsportfolios.

Wenn es einem Unternehmen gelingt, seine Daten richtig zu sammeln, zu pflegen und zu analysieren, kann es seine Kund*innen besser einschätzen. Aus den Daten zur Zahlungsbereitschaft lässt sich ableiten, welcher Preis für eine Dienstleistung oder ein Produkt verlangt werden kann. Auch bei der Suche nach potenziellen Neukunden hilft Big Data – und davon profitieren durchaus auch KMU, sofern sie die Chance erkennen und nutzen.

Studiengang Data Science NDK HF
Am IBAW studieren Sie berufsbegleitend, der Unterricht findet online und in Luzern statt. Der Studiengang Data Science NDK HF dauert ca. 9 Monate, eine fachspezifische Grundausbildung ist nicht nötig.

Infoveranstaltung höhere Berufsbildung
Lernen Sie das IBAW kennen, das Angebot und erfahren Sie mehr über den Studiengang Data Science NDK HF.


Die Expertin: Prof. Dr. Barbara Hellriegel
Statistik sollte zur Allgemeinbildung gehören, findet IBAW-Dozentin Barbara Hellriegel. Sie unterrichtet im Nachdiplomkurs Data Science und leitet die Fallstudie, die den Studiengang abschliesst. Als Titularprofessorin unterrichtete sie viele Jahre mathematische Modellierung und Statistik an der Universität Zürich. Für einen Wissenschaftsverlag arbeitete sie als Editorin für angewandte Mathematik und Informatik. Heute ist sie Mathematiklehrerin. Studiert hat sie Mathematik mit Nebenfach Biologie und dann in Zoologie, speziell mathematische Biologie, promoviert. Ihre Begeisterung für verschiedene Disziplinen pflegt sie noch heute.

Serie Data Science
Dieser Beitrag ist der erste einer dreiteiligen Serie zum Thema Data Science. Lesen Sie auch:

Autorin
Portrait Luzia Popp
Luzia Popp
Marketing/Kommunikation