Der aktuelle Alltag am Institut für berufliche Aus- und Weiterbildung (IBAW) sieht so aus, dass die Dozierenden in den Räumen des IBAW am Luzerner Standort oder vom Homeoffice aus, ihre Studierenden online unterrichten. Das hat den Grund, da das IBAW einen grossen Teil seines Bildungs- und Weiterbildungsprogramms innerhalb kürzester Zeit auf digitalen Unterricht umstellen musste. Wie gut das funktioniert, erklärt Michael Achermann, Leiter des IBAW. Und Frank Thomas Drews, externer Dozent und Geschäftsführer der abc Campus GmbH, erklärt, wie es dem IBAW gelungen ist, ihre Dozierenden für den Unterricht im virtuellen Raum fit zu machen.
Michael Achermann – Leiter IBAW
Michael Achermann: So eine ungewöhnliche Situation erfordert schnelle Massnahmen – unsere zentrale Aufgabe ist es, den Wirtschaftsstandort Schweiz mit unseren Bildungsangeboten zu stärken und so dem Fachkräftemangel vor allem im technologischen Bereich entgegenzuwirken. Daher sind unsere Studierenden und Dozierenden schon sehr technologieaffin. Und als der Entscheid des Bundesrates kam, alle Schulen zu schliessen, mussten wir schnell handeln, um vor allem auch zu gewährleisten, dass Studierende, die kurz vor ihrem Abschluss stehen, diesen auch erfolgreich absolvieren können.
Digitalen Unterricht hatten wir ja auch schon vorher, aber natürlich nicht in dem Ausmass. Mit einer Wochenendaktion und vielen Nachtschichten ist es uns gelungen, die Technologie und auch die Dozierenden für den schnellen Start fit zu machen. Aber das ist natürlich nicht der Endzustand – es gibt weiterführende Schulungen für alle Dozierenden. Auch dank der Unterstützung durch Frank Thomas Drews.
Frank Thomas Drews – Geschäftsführer abc Campus GmbH
Frank Thomas Drews: Für abc Campus sind Trainings für das Unterrichten im virtuellen Raum nichts Neues. Aber virtuelles Arbeiten stellt sehr spezielle Ansprüche an die Dozierenden und erfordert fundiertes Wissen und Können. Das benötigt Zeit, die wir nicht hatten. Also musste ein Kompromiss zwischen Tiefe und Geschwindigkeit gefunden werden.
Das IBAW hat sehr schnell reagiert und die notwendigen Voraussetzungen für eine Fortführung des Unterrichts auf Online-Plattformen gefunden, es ist beeindruckend, dass in so kurzer Zeit wieder online unterrichtet werden konnte.
Michael Achermann: Das kann man so nicht sagen. Wir hatten das Credo Geschwindigkeit vor Perfektionismus. Und dank dessen waren wir am ersten Tag startklar, aber Technologie und die Dozierenden waren eben noch nicht perfekt auf den Online-Unterricht eingestellt. Unsere Dozierenden sind auch noch keine virtuellen «Cracks» – für viele war das eine komplett neue Situation.
Wie sollte die Interaktion mit den Studierenden in Gang gebracht werden? Wie motiviert man die Studierenden zu Hause? Viele Dozierende konnten dank der professionellen Unterstützung von Herrn Drews und unserem ICT-Team innerhalb weniger Tage und Nächte fit für die ersten Online-Lektionen gemacht werden. Der Prozess hin zum Perfektionismus ist ein fortlaufender Prozess
Michael Achermann: Die grösste Hürde war der Zeitdruck – es musste alles sehr schnell gehen. Bis zur Umstellung lagen nur wenige Tage. In dieser Zeit galt es, die Technologie und die Tools in Betrieb zu nehmen und einzuführen. Aber die Hauptsache für uns war, dass wir mit unseren Studierenden und Dozierenden rasch in den Online-Unterricht wechseln konnten.
Die zweite grosse Hürde war für uns, wie wir unsere zahlreichen Dozierenden nicht nur technologisch, sondern auch methodisch/didaktisch rasch weiterentwickeln können. Und aktuell steht die dritte grosse Hürde bevor, wie wir geplante Präsenz-Prüfungen auf virtuell wechseln können.
Frank Thomas Drews: Oft wird die Voraussetzung von Online-Unterricht gleichgesetzt mit der Bereitstellung und Beherrschung einer technischen Plattform. Aber die Technologie ist austauschbar! Das solide Beherrschen von Plattformen für den virtuellen Unterricht ist zwar eine notwendige Fertigkeit, aber bei weitem nicht ausreichend. Im Kern geht es um den sinnvollen und kompetenten Einsatz der didaktischen Werkzeuge im Online-Unterricht und dafür braucht es eine solide methodische Basis.
Es ist eine neue Herausforderung für Dozentinnen und Dozenten, Unterricht im virtuellen Raum zu geben. Am IBAW bieten wir daher ein klar strukturiertes Ausbildungskonzept, das auf die spezielle Didaktik und Methodik des Online-Unterrichts abzielt.
Frank Thomas Drews: Am IBAW hiess es, kurzfristig einen Kompromiss zu finden, da wir sehr schnell sein mussten. Wir wissen natürlich, dass es mehr als einen Tag braucht, um fit für den Online-Unterricht zu sein. Also war der Start zunächst einmal eine «Nothilfe» für das IBAW. Aus meiner Sicht muss nun auf jeden Fall weitere Zeit investiert werden, um qualitativ guten und nachhaltigen Online-Unterricht anzubieten.
Das IBAW bietet mit den Seminaren «Train the trainer – Virtual Rooms» und «Virtual Leadership» solide Ausbildungen an.
Michael Achermann: Sie sind sehr tolerant und zufrieden – wir haben zahlreiche tolle Feedbacks erhalten. Natürlich sind wir noch nicht dort, wo wir gern sein wollen. Anfangs waren die Studierenden froh, dass der Unterricht überhaupt online stattfinden konnte – jetzt erwarten sie aber auch langsam, dass die Technologie sich verbessert und die Dozierenden bei ihren interaktiven Lektionen besser werden.
Der Anspruch an Perfektionismus steigt nun. Wir sind daran, das umzusetzen, indem wir mit den Dozierenden ein vierstufiges Training durchführen und die Technik optimieren. Und auch die Dozierenden sind froh, dass sie ihre Klassen weiter unterrichten können – auch wenn es für die meisten komplettes Neuland war.
Frank Thomas Drews: Niemand will seinen Studierenden stundenlange langweilige Webseminare zumuten. Entsprechend hoch ist auch die Motivation der Dozentinnen und Dozenten, ihr pädagogisches Profil um die Methodik und Didaktik im virtuellen Raum zu erweitern. Tatsächlich ist der pädagogische Anspruch noch höher als beim Präsenzunterricht. Ein guter Online-Unterricht braucht gute Methodik und viel Kreativität.
Michael Achermann: In der Bildungslandschaft Schweiz hat es einen Riesenschub Richtung Online-Unterricht gegeben. Dinge, die vor einem Jahr noch nicht denkbar waren, sind jetzt plötzlich innerhalb weniger Tage aktiviert worden. Vorher gab es jahrelange Diskussionen, Konzepte wurden geschrieben, alles auf die lange Bank geschoben und jetzt plötzlich gibt es den virtuellen Unterricht. Eine blitzschnelle Veränderung, die unter der Drucksituation erfolgen musste.
Die Frage ist nur, wie nachhaltig das Ganze ist. Das Bildungssystem wird aber ganz sicher nicht mehr gleich aussehen, wie es vorher war. Für uns ist klar, dass wir am IBAW in Zukunft vermehrt interaktive online Lektionen integrieren werden.
Frank Thomas Drews: Dabei müssen wir uns mit der Frage auseinandersetzen, wie wir uns sinnvoll auf künftige Situationen wie diese vorbereiten können. Die ergänzende oder zeitweise komplette Verlegung des Unterrichts in den virtuellen Raum wird sicher ein zentrales Thema sein und bleiben. Eine weitere Notwendigkeit und Chance sehe ich in der regulären Ergänzung der Lernangebote mit Online-Modulen. Entsprechend müssen unsere Lehrkräfte sich weiterentwickeln und unsere Bildungskonzepte neugestaltet werden.
Deshalb ist auch die Frage der Agilität unserer Bildungseinrichtungen zentral. Bildungseinrichtungen müssen rasch und effizient auf besondere Herausforderungen reagieren können. Das IBAW hat in dieser Krise sehr rasch gehandelt und dabei sehr von seinen «agilen Genen» profitiert. Hier hat es sich ausgezahlt, dass das Thema Agilität schon seit längerer Zeit intensiv vorangetrieben wird.