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Nachgefragt: Quereinstieg – vom Flexodrucker zum System Engineer

Nachgefragt: Quereinstieg – vom Flexodrucker zum System Engineer

Boris Jokic (31) schloss 2019 an der Klubschule Migros den Lehrgang «PC-Techniker CompTIA A+/Network Supporter» ab, der mittlerweile vom IBAW durchgeführt wird. Er hat damit einen Quereinstieg gewagt: Boris kam aus der Gestaltungsbranche und ist heute System Engineer. In diesem Beitrag erzählt er seine Geschichte.

Von Marina Schulz | 03.05.2024

Boris Jokic

Boris, du hast 2012 deine Ausbildung als Flexodrucker EFZ abgeschlossen. Was genau macht ein Flexodrucker?

Ein Flexodrucker (heutige Berufsbezeichnung Verpackungsdrucker*in) bedruckt verschiedene Materialoberflächen. Diese werden anschliessend für Verpackungen genutzt. Flexodruckerinnen und -drucker sind in der Logistik oder im Einzelhandel anzutreffen. Sie führen einen technischen Beruf aus, der eine genaue Arbeitsweise erfordert. Dabei arbeiten sie mit grossen Druckmaschinen.

Ich habe meine Ausbildung erfolgreich mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis abgeschlossen. Im letzten Semester meiner Berufslehre wurde bei mir jedoch eine Allergie gegen Lösungsmittel diagnostiziert, was es mir unmöglich machte, diesen Beruf weiterhin auszuüben.

Nach deiner Lehre hast du mit der PC-Techniker-Weiterbildung einen Quereinstieg gewagt. Was hat dich dazu bewogen?

Nach dem Abschluss meiner Lehre durchlief ich verschiedene berufliche Stationen. Währenddessen absolvierte ich berufsbegleitend das Handelsschuldiplom an der Klubschule Migros. Meine berufliche Laufbahn führte mich vom Produktionsmitarbeiter über den Ordnungsdienstspezialisten und Kundenberater bis hin zum Aussendienstmitarbeiter. Insbesondere meine Zeit bei Swisscom, wo ich direkten Kundenkontakt hatte und auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden eingehen konnte, war für mich sehr bereichernd. Eine Reorganisation der Abteilung veranlasste mich dazu, meiner grössten beruflichen Leidenschaft zu folgen und in der IT-Branche zu arbeiten. Die Welt der Computer hat mich seit meiner Kindheit begleitet. So entschied ich mich 2019, mein Fachwissen zu formalisieren – obwohl einige Lehrpersonen während meiner Oberstufenzeit gemeint hatten, meine schulischen Leistungen seien nicht ausreichend für den IT-Bereich.

Ich habe eine starke Auffassungsgabe und verfügte bereits über umfangreiches Vorwissen, das ich nun erweitern wollte. Daher meldete ich mich für die Weiterbildung zum PC-Techniker an der Klubschule Migros an, die ich erfolgreich abschloss. Parallel dazu erwarb ich das SIZ-Diplom (ICT Professional Systems & Network SIZ).

Vor welcher Herausforderung hattest du vor der Weiterbildung am meisten Respekt?

Ich hatte grossen Respekt vor dem Lehrstoff und den Anforderungen, die auf mich zukommen würden. Bis zu diesem Zeitpunkt kannte ich als 27-Jähriger das «Bankdrücken» nur als Fitnessübung und nicht im übertragenen Sinne: Zur «Schule» gehen, um mich beruflich neu zu orientieren. Zudem zweifelte ich daran, dass ein Unternehmen in der IT einstellen würde, da ich keine Berufserfahrung hatte.

Trotz dieser Bedenken erhielt ich im darauffolgenden Jahr eine Anstellung als Junior System Engineer bei einem IT-Dienstleister. Bei diesem Unternehmen konnte ich erstmals erfolgreich mein Wissen anwenden.

Nach der ersten Weiterbildung hast du weitere angehängt, alle im Bereich IT, beispielsweise als System- und Netzwerktechniker mit eidg. FA (heute: Platform Development Specialist). Aktuell bist du sogar am HF-Abschluss im Bereich Informatik dran – woher nimmst du die Motivation und den Durchhaltewillen, ständig zu studieren?

Meine grösste Motivation ist der Wunsch, mir selbst zu beweisen, dass ich es schaffen kann. Eine starke Triebkraft in meinem Leben ist meine Familie, insbesondere meine Frau und meine Tochter, die mir diese Möglichkeit geben. Mein Durchhaltewillen ist inspiriert von der beruflichen Laufbahn meiner Eltern, die als Gastarbeiter in die Schweiz kamen und heute erfolgreiche Unternehmer sind.

Die heutigen beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten sind vielfältig, und es wäre unklug, diese nicht zu nutzen. Mit der PC-Techniker-Ausbildung habe ich das Rad zum Laufen gebracht. Den eidgenössischen Fachausweis und die HF-Ausbildung, die ich momentan absolviere, fühlen sich für mich also viel einfacher an. Vor allem lerne ich etwas, wofür ich mich wirklich interessiere und nicht, weil ich es muss.

Aktuell arbeitest du als System Engineer bei Bechtle Schweiz AG – wie sieht ein gewöhnlicher Arbeitstag für dich aus?

Neben meiner Rolle als System Engineer bin ich stellvertretender Teamleiter und stehe in ständigem Austausch mit meinem Chef sowie mit anderen Abteilungen. Ich bin in verschiedene Projekte eingebunden und verantwortlich für diverse betriebliche Services. Zusätzlich habe ich das Vergnügen, als Fachausbildner tätig zu sein: Über den Tag verteilt stehe ich in regelmässigem Kontakt mit meinen Auszubildenden. Einen typischen Arbeitstag gibt es für mich eigentlich nicht; das Einzige, was wirklich alltäglich ist, sind der Kaffee und meine Arbeitsutensilien – natürlich auch der Umgang mit meinen Teamkollegen!

Was würdest du jungen Personen raten, die ebenfalls in der IT Fuss fassen wollen? Was muss man mitbringen?

Für Neues bereit sein ist in der IT essenziell. Diese Branche ist keine statische Maschine, die täglich dieselben Prozesse durchläuft. Ich würde sagen, dass persönliches Interesse und Leidenschaft die entscheidenden Faktoren sind, um sich erfolgreich in der IT zu entwickeln. Wer das mitbringt, hat definitiv die besten Voraussetzungen, sich beruflich zu entfalten und in diesem dynamischen Feld voranzukommen.

Was würdest du jemandem raten, der ebenfalls einen Quereinstieg in Erwägung zieht – an was sollte man denken und worauf muss man sich gefasst machen?

Es ist wichtig, ausreichend Zeit für alle Bereiche des Lebens einzuplanen, sei es für das Arbeitspensum, private Aktivitäten oder andere zeitintensive Verpflichtungen. Fragen zu stellen und Prozesse für sich selbst zu dokumentieren ist ebenfalls entscheidend. Jede gestellte Frage prägt sich tief ins Gedächtnis ein und jeder dokumentierte Prozess bleibt dauerhaft erhalten. Diese Praktiken helfen nicht nur, das Verständnis zu vertiefen, sondern auch, das Erlernte langfristig zu sichern.

Würdest du deinen Weg nochmals genau so gehen oder würdest du etwas anders machen?

Ich bin froh, dass ich vor meiner Zeit in der IT bereits umfangreiche Berufserfahrungen sammeln konnte. Ich würde alles wieder genau so machen, wie ich es bereits getan habe. Die Erfahrungen haben mir geholfen, mich besser auf die Herausforderungen und Chancen in der IT-Branche vorzubereiten.

Hast du heute noch Kontakt zu Mitstudierenden oder Dozierenden aus der PC-Techniker-Weiterbildung?

Dank Plattformen wie LinkedIn können wir alle vernetzt bleiben und unsere beruflichen Erfolge miteinander teilen und wertschätzen. Ich gebe meinem Dozenten aus der PC-Techniker-Weiterbildung jährlich einen Statusbericht über meine berufliche Entwicklung. Ich betrachte ihn als Mentor für meinen Quereinstieg in die IT, da er einen ähnlichen Weg eingeschlagen hat, allerdings bereits in den 90er-Jahren. Seine Erfahrungen und Ratschläge sind für mich von unschätzbarem Wert.

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Autorin

Marina Schulz
Marketing/Kommunikation

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