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Agile Denkweise:

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Design Thinking hilft nicht nur bei der Ideensuche

Von Martin Graf | 21.06.2019
Geschwindigkeit und vor allem ein konsequenter Fokus auf die Kundensicht sind unabdingbar, um in einem Markt, welcher sich sehr schnell verändert, bestehen zu können. Nur wer die Probleme und Bedürfnisse der Kunden versteht und entsprechende Lösungen anbietet, wird weiterhin bestehen können. Design Thinking ist eine agile Vorgehensmethode, die Abhilfe bietet.

Es gibt viele verschiedene agile Innovationsprozesse und -methoden. Die wohl bekannteste heisst Design Thinking.

Was bedeutet Design Thinking?

Definition: Unter Design Thinking wird eine spezielle Herangehensweise zur Bearbeitung komplexer Problemstellungen verstanden. Das zugrundeliegende Vorgehen orientiert sich an der Arbeit von Designern und Architekten. Design Thinking ist dabei zugleich eine Methode, ein Set an Prinzipien, eine spezielle Denkhaltung und ein Prozess mit einer Vielzahl von unterstützenden Tools. Wesentliches Kennzeichen ist die fokussierte Anwenderorientierung.

Quelle: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/

Design Thinking in sechs Schritten

Design Thinking ist nicht ein in Stein gemeisselter Prozess, sondern eher eine Denk- und Handlungsweise. Daher wird diese Methode in der Praxis auch ganz verschieden umgesetzt.Design Thinking wird oft in einem Modell von sechs Schritten dargestellt. Die sechs Schritte sind iterative Schleifen. Bei jedem einzelnen Schritt gibt es einen Pfeil vorwärts zum nächsten Schritt und einen zurück.

design-thinking

 

  • Schritt 1 – Problem verstehen: Was ist die dahinterliegende Ursache?
  • Schritt 2 – Wer ist von dieser Problematik betroffen?
  • Schritt 3 – Wer will oder muss dieses Problem lösen?
  • Schritt 4 – Mit welcher Idee könnte das Problem gelöst werden?
  • Schritt 5 – Idee visualisieren
  • Schritt 6 – Testing mit echten Personen aus Schritt 3

Reale Probleme für echte Kunden lösen

Design Thinking stellt den Kunden-Nutzen konsequent ins Zentrum. Die Beantwortung der drei Fragen aus Schritt 1 bis drei schafft Klarheit was für wen entwickelt werden soll. Ob mit der Idee aus Schritt 4 das Problem gelöst werden kann, wird in den Schritten 5 und 6 getestet. In den wenigsten Fällen ist der erste Entwurf die perfekte Lösung. Vielmehr geht es darum genau zu beobachten, was funktioniert und was nicht – Try and Error. In iterativen Schleifen reift die Idee Schritt für Schritt zur perfekten Lösung. Durch das Testing mit echten Kunden erfahren wir lange vor der fertigen Lösung, ob wir mit dem Lösungsansatz richtig liegen. Genau darum geht es bei agilen Innovationsprozessen: Real existierende Probleme für echte Kunden lösen.

Fehler als Chance: ein kultureller Wandel

Der Umgang mit Fehlern ist die Basis für agile Innovationsprozesse wie Design Thinking. Daher ist es wichtig, vor der Einführung von agilen Methoden eine Fehler- und Lernkultur zu schaffen.

Umgang mit Fehlern
Die Generation X ist in einer Zeit aufgewachsen, in welcher Fehler in der Erziehung, im Schulsystem und in der gesamten Wirtschaft und Gesellschaft als negativ und schlecht angesehen wurden. Die Verbindung «Fehler gleich schlecht» ist dadurch im Gehirn tief verankert.

Von Fehlern lernen
Jedes Kleinkind lernt in den ersten Lebensjahren automatisch nach dem Prinzip «Ausprobieren – beobachten – lernen». Sie probieren solange, bis etwas funktioniert und lernen bei jedem Fehlversuch, wie es nicht funktioniert. Diese Methode wird auch «Try and Error» genannt und ist im Grunde genommen in unseren Genen verankert.

Wieso verlernen Erwachsene die so erfolgreiche Methode, die wir als Kinder ständig anwendeten?
Während unserem ganzen Leben speichern wir erfolgreiche und Fehlversuche in unserem Gehirn. Sind wir mit einer neuen Situation konfrontiert, sucht unser Gehirn automatisch nach einer ähnlichen, bereits erlebten Situation. Wenn das Problem in der Situation aus der Erinnerung erfolgreich gelöst werden konnte, vermuten wir, dieselbe Strategie oder jenen Lösungsweg auch hier anwenden zu können. Wir ersparen uns dadurch viele Fehlversuche und gelangen sehr schnell ans Ziel – mit dem Restrisiko, dass sich die Vermutung nicht bestätigt und wir mit dem vermuteten Lösungsweg nicht zum Ziel finden.

Von der Fehlerkultur zur Lernkultur

Die Fähigkeit, aus Fehlern zu lernen, wird zukünftig über den Erfolg eines Unternehmens entscheiden. Die Transformation von der Fehlerkultur hin zur Lernkultur ist also nicht nur ein nettes kulturelles Projekt, sondern wird zukünftig eine business-kritische Anforderung sein.

Agile Innovationsprozesse

Die disruptive Entwicklung der Wirtschaft fordert neue Ideen und Modelle und dies in einer sehr hohen Geschwindigkeit. Die Komplexität ist steigend. Die Produkteentwicklung mit klassischen Methoden ist zu langsam und zu teuer.

Mit agilen Innovationsprozessen werden Produkte nicht komplett fertig entwickelt und dann auf dem Markt lanciert, sondern bereits im frühen Entwicklungsstadium mit echten Kunden getestet. Dadurch werden Fehler oder falsche Annahmen sehr schnell sichtbar und sofort korrigiert. Das Risiko, dass ein Produkt nach der Lancierung floppt, wird durch diese Art der Produkteentwicklung auf ein Minimum reduziert.

Fokus auf Ursache

In der VUCA-Welt (VUCA steht als Abkürzung für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Vieldeutigkeit) steigt die Komplexität der zu lösenden Aufgaben. Mit agilen Methoden und Prozessen können komplexe Problemstellungen in Angriff genommen und schrittweise gelöst werden. Dies ist der Grund, wieso immer mehr Unternehmen auf agile Methoden und Organisationsformen setzen. In der Weiterbildung zur/zum «Agile Coach NDK HF» lernt der Studierende, wie Organisationen oder Teams bei den betreffenden Lern-, Veränderungs- und Entwicklungsprozessen begleitet und wie sie durch Training und Coaching unterstützt werden können. In solchen Veränderungsprozessen gibt es sehr viele Probleme, welche gelöst werden wollen – was bietet sich da besser an als folgende Denk- und Handlungsweise von Design Thinking anzuwenden:

  • Fokus auf die Suche nach Ursachen
  • Identifikation der betroffenen Personen
  • Lösungssuche im direkten Dialog
  • Pilot mit kleiner Gruppe
  • fortlaufend die Frage, ob mit dieser Lösung das Problem für die betroffenen Personen auch tatsächlich gelöst werden kann.

Probieren Sie es selber aus. Sie werden überrascht sein, in wie vielen Situationen Sie mit dieser Methode auf gute Lösungen stossen werden.

Autor
martin graf
Martin Graf